Abschlussarbeit

Einfluss der Oberflächentemperatur aus Satellitendaten auf das Flugverhalten von Weißstörchen entlang der westeuropäischen Migrationsroute

Grafik
Abbildung 1: Flugverhalten der Störche (Grafik: Lea Schollerer, Storch Icon: Felipe Perucho from Noun Project, https://thenounproject.com/icon/flying-stork-2940822/)

Details

Extern/e Autor:in
Lea Schollerer
Extern/e Betreuer:in
Dipl.-Ing. Ines Standfuß, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Oberpfaffenhofen
Intern/e Betreuer:in
Prof. Dr.-Ing. Andreas Schmitt
Abschluss
Master
Studiengang
Geomatik
Jahr
2022
Fakultät
Fakultät für Geoinformation
Status
abgeschlossen
Themengruppe
Photogrammetrie_Fernerkundung
Weiteres

#extern

Hintergrund:

Der Weißstorch (Ciconia ciconia) ist ein Zugvogel, der aufgrund seiner Größe und seines Gewichts während der Migration auf das Vorhandensein von Aufwinden angewiesen ist. Durch das Aufwärtsgleiten in vertikalen Luftströmen gewinnen die Vögel an Höhe und können dann im Gleitflug mehrere Kilometer zurücklegen, wodurch der energetisch aufwändige Ruderflug vermieden wird (Abb. 1). Die von den Störchen primär genutzten thermischen Aufwinde entstehen unter anderem durch eine ungleichmäßige Erwärmung der Erdoberfläche, weshalb es zu horizontalen Temperaturgefällen kommt und Blasen, mit im Vergleich zur Umgebung wärmerer Luft, aufsteigen können. Der Einfluss von Thermik auf die Route der Zugvögel wurde bisher unter anderem basierend auf einer Kombination aus Telemetrie- und Fernerkundungsdaten untersucht. Dabei wurden hauptsächlich statische Parameter wie Reliefeigenschaften in Betracht gezogen. Fernerkundungsdaten ermöglichen aber auch die Messung von Temperaturen der Landoberfläche (LST) und haben deshalb Potential, kleinräumige Temperaturvariationen, welche für die Entstehung von Thermik relevant sind, abzubilden. In dieser Arbeit wird deshalb untersucht, ob kleinräumige Temperaturvaria-tionen, abgeleitet aus Satellitendaten, als Variable für das potenzielle Vorhandensein von passivem oder aktivem Flug genutzt werden können.


Daten und Testgebiet:

Der räumliche und zeitliche Fokus der Untersuchung liegt dabei auf der Migrationsroute von 57 jungen Weißstörchen, welche auf ihrem Herbstzug im Jahr 2014 erstmals von Deutschland in Richtung Afrika aufgebrochen sind. Die Daten enthalten neben Positionsmessungen der Störche auch eine binäre Klassifikation des Flugverhaltens. Passiver Flug ist dabei indikativ für das Aufsteigen in thermischen Aufwinden. Wohingegen der aktive Flug Positionen anzeigt, an denen die Störche sich im Ruderflug fortbewegt haben. Um die Temperaturvariationen zu charakterisieren, werden Landsat 8 LST Daten aus dem Zeitraum zwischen Anfang Juli bis Ende August der Jahre 2013 bis 2015 verwendet.


Methodik:

Zur weitgehend flächendeckenden Abbildung der LST entlang der Flugroute wird ein Mosaik erstellt und zusammen mit den registrierten Positionen mit passivem und aktivem Flugverhalten der Stör-che aus den Telemetriedaten korreliert (Abb. 2). In einem multiskaligen Ansatz werden anschließend verschiedene Variablen zur Quantifizierung der Temperaturvariationen mit Hilfe von Buffern sowie mittels eines Krümmungsfilters abgeleitet. Die Unterschiede der Variablen zwischen passivem und aktivem Flugverhalten werden anschließend visuell und numerisch mit diskreten Wahrscheinlichkeitsdichten analysiert. Die Variablen mit den größten Unterschieden werden im Rahmen eines Random Forest Modells zur Klassifikation des Flugverhaltens verwendet.


Abbildung 2: Mosaik mit den maximalen Landsat 8 LST Werten aller Aufnahmen im Zeitraum zwischen Anfang Juli bis Ende August der Jahre 2013 bis 2015, überlagert mit den Telemetriedaten der Weißstörche (bereitgestellt vom Max-Planck-Institut für Ornithologie)
Abbildung 2: Mosaik mit den maximalen Landsat 8 LST Werten aller Aufnahmen im Zeitraum zwischen Anfang Juli bis Ende August der Jahre 2013 bis 2015, überlagert mit den Telemetriedaten der Weißstörche (bereitgestellt vom Max-Planck-Institut für Ornithologie)


Ergebnisse:

Die Unterschiede, der im Rahmen dieser Arbeit getesteten Variablen zwischen aktivem und passivem Flugverhalten, lassen erkennen, dass der passive Flug vor allem im Vergleich zur Umgebung in erheblich wärmeren Bereichen stattfindet. Außerdem können mit dem aus den Vorhersagevariablen abgeleiteten Modell 89 % des Flugverhaltens richtig prognostiziert werden. Zusätzlich haben die abgeleiteten LST Variablen neben den bereits in anderen Studien untersuchten statischen Prädiktoren der Reliefeigenschaften einen hohen Einfluss auf die Klassifikation von aktivem und passivem Flugverhalten. Die hier erzielten Ergebnisse lassen deshalb vermuten, dass Zusammenhänge zwischen dem Flugverhalten und den aus Satellitendaten abgeleiteten Temperaturvariationen bestehen. Letztere wiederum indizieren das potenzielle Vorhandensein von thermischen Aufwinden. Mit der im Rahmen dieser Arbeit getesteten Kombination aus LST Variablen und Telemetriedaten konnte erstmals gezeigt werden, dass aus Satellitendaten abgeleitete LST Informationen potentiell geeignet sind, um den Einfluss von thermischen Aufwinden auf das Flugverhalten von Zugvögeln zu untersuchen.